HideMyAss! Test: Eine gute Wahl in 2023?
"Ich habe doch nichts zu verbergen, warum sollte mich die Privatsphäre im Netz etwas angehen?" Mit diesem Argument sehen sich Datenschutz-Aktivisten immer wieder konfrontiert.
Tatsache ist jedoch, dass sich gläserne Menschen bereits durch die bloße Androhung eines Beobachters anders verhalten – und Verletzungen unseres Rechts auf Privatsphäre nicht auf die leichte Schulter genommen werden dürfen. Auch dann nicht, wenn man "nichts zu verbergen" hat.
HideMyAss – zu deutsch salopp "Versteck mein Hinterteil" – stellt sich dem Totschlag-Argument selbstsicher entgegen: Es ist OK, Dinge verbergen zu wollen. Einen gewissen Argwohn scheint der VPN-Anbieter mit dem provokativen Namen und seinem Logo gar auf sich ziehen zu wollen. Ob das Produkt diese Selbstsicherheit rechtfertigt, verrät unser Test.
Was ist HideMyAss?
HideMyAss*, kurz HMA, ist ein 2005 gegründeter VPN-Service mit Sitz im Vereinigten Königreich. Seit 2016 gehört er zu Avast, dem tschechischen Unternehmen für Sicherheitssoftware. In deren Portfolio wirkt das Programm gut aufgehoben: HMA hilft seinen Nutzern mit einem riesigen Server-Netz dabei, online ihre Privatsphäre zu hüten und sichere Verbindungen herzustellen.
HideMyAss! Test
exzellente Geschwindigkeiten
riesige Server-Infrastruktur auch in vernachlässigten Regionen
IP-Zufallsauswahl
Apps etwas altbacken
am Desktop kein Split Tunneling
für Streaming nur bedingt geeignet
Bedienung und Features
Sobald Sie eine HMA-Lizenz erworben haben, können Sie die Desktop-Clients auf zwei verschiedenen Wegen mit Ihrem Konto verknüpfen. Entweder Sie loggen sich ganz einfach mit Ihren Anmeldedaten ein, oder Sie geben den Aktivierungs-Code ein, den Sie nach dem Kauf erhalten haben. Diesen Schritt müssen Sie nur einmal durchführen: Ist Ihr Konto erst verknüpft, bleiben Sie automatisch eingeloggt.
Anwendungen gibt es für Windows, Mac, Android, iOS und Linux. Auch andere Geräte wie Router, Spielekonsolen und Smart-TVs werden abgedeckt. Mit einem HMA-Abo können Sie je nach Tarif fünf oder zehn Geräte registrieren und gleichzeitig verwenden.
Die Installationsdateien für alle unterstützten Geräte finden Sie auf der HideMyAss-Website
HMA hat sein Interface mit der neuesten Version ein wenig aufgeräumt: Konnten Sie früher zwischen drei Verbindungs-Modi wechseln, gibt es nun nur noch einen Verbindungs-Bereich, wo Sie per Knopfdruck auf einen Ein/Aus-Button den VPN-Tunnel herstellen. Darunter findet über einen Button die Standortauswahl statt, die mit "Blitzschnelle Verbindung" auf den schnellsten verfügbaren Server voreingestellt ist.
Mit "Blitzschnelle Verbindung" wählen Sie automatisch den schnellsten VPN-Tunnel
Wenn Sie eine VPN-Verbindung hergestellt haben, wechselt das Esel-Maskottchen die Kleidung und Sie sehen Ihre originale IP und die neue IP angezeigt. Praktisch ist, dass Sie per Mausklick die IP-Adresse wechseln können, was beispielsweise hilft, Download-Limits schnell zu umgehen, ohne sich manuell aus- und wieder einwählen zu müssen.
Wir gehen davon aus, dass unser Schutz stärker ist als die Tarnung des HMA-Esels
Mit einem Klick auf den Standort öffnet sich die Länderliste, in der Sie die verschiedenen Serverstandorte, sortiert nach Regionen, durchsuchen können. Eine Suchfunktion gibt es ebenfalls, außerdem können Sie mit einem Klick auf das Herzsymbol Favoriten anlegen und die Server nach Streaming- und P2P-Tauglichkeit sortieren. Falls es pro Land mehrere Server-Standorte gibt, öffnen Sie mit einem Klick auf den Pfeil rechts im Eintrag die nähere Auswahl. Dabei wird auch angegeben, wenn es sich um einen virtuellen Server handelt.
Leider zeigen die Server-Listen keine Auslastungen an, was dazu führen könnte, dass Sie bei einer Direktauswahl auf schlechte Up- und Downloadraten und hohe Pings stoßen.
Sie können die Server nach verschiedenen Kategorien filtern
Mit einem Klick auf den Reiter "Mehr" oben rechts öffnet sich ein Untermenü, wo Sie Shortcuts zu den Verbindungseinstellungen und dem Kill Switch, Statistiken zum Datenverkehr und einen Geschwindigkeitstest finden. Letzterer erlaubt es Ihnen, mehrere Server auszuwählen und ihre Download-Geschwindigkeit und ihren Ping miteinander zu vergleichen. Dann können Sie sich direkt mit einem der Server verbinden.
Mit dem Geschwindigkeitstest finden Sie den schnellsten Server
Direkt zu den Einstellungen kommen Sie über das Zahnradsymbol oben links. Am besten gefällt uns hier das Feature der IP-Zufallsauswahl: Sie können ein Intervall für das automatische Wechseln Ihrer IP-Adresse festlegen, um die Verfolgung Ihres Standortes noch schwieriger zu machen. Eine praktische Funktion für zusätzliche Sicherheit, die leider noch nicht zum Standard geworden ist.
Darüber hinaus gibt es die typischen Einstellungen zum Autostart und natürlich auch den besagten Kill Switch. Jener hat zwei Modi: Neben der klassischen Version, die bei VPN-Problemen die gesamte Verbindung kappt, können Sie auch gezielt Apps auswählen, die Sie vom Netz trennen möchten, wenn der Kill Switch einspringt. Umgekehrt wird dabei auch automatisch eine VPN-Verbindung aufgebaut, wenn Sie diese Apps öffnen, selbst wenn HMA noch gar nicht gestartet wurde.
Die VPN-Protokolle können Sie in den Apps allerdings nicht wechseln: Jene sind in den neuesten Versionen der Anwendungen festgelegt und können nur manuell oder mit dem Wechsel zu einer älteren HMA-Version geändert werden. Auch eine Split Tunneling-Option suchen wir – jedenfalls im Desktop-Client – leider vergeblich.
Sie können in festgelegten Abständen Ihre IP-Adresse automatisch ändern
Im Vergleich zu modernen VPN-Clients anderer Anbieter wirkt die HMA-Lösung etwas altbacken, und besonders auf einem 4K-Bildschirm verwaschen. Optisch gibt es anderswo deutlich schmackhaftere VPN-Kost.
Mobile App
In der Smartphone-App von HideMyAss fühlt man sich, wenn man vom Desktop kommt, wie Zuhause, die Benutzeroberfläche ist nämlich nahezu identisch. Auch hier finden Sie das Quick Connect-Feature, und während die P2P-Kategorie fehlt, gibt es Streaming-Server und Favoriten auch mobil. Ihre am Desktop ausgewählten Favoriten übertragen sich allerdings nicht auf die mobile Version.
Das HMA-Maskottchen begrüßt Sie auch am Smartphone
Die Einstellungen sind wie von mobilen Versionen gewohnt etwas beschnitten im Vergleich zu den Desktop-Geschwistern. Dafür gibt es hier wiederum ein Feature, das man auf Windows und Mac leider vermisst: Split Tunneling. Damit können Sie einstellen, dass nur bestimmte Apps die VPN-Verbindung nutzen sollen.
Die benutzerfreundlichen HMA-Anwendungen haben wenig Wow-Faktor, aber auch keine eklatanten Feature-Lücken. Split-Tunneling und etwas ausführlichere Protokoll-Optionen wären allerdings wünschenswert, und auch Angaben zu den Server-Auslastungen außerhalb des Geschwindigkeitstests würden die individuelle Standort-Auswahl einfacher machen. Insgesamt liefert HMA dennoch ein gutes Gesamtpaket.
Server-Netzwerk
Die Features von HMA sind solide, konnten uns aber kein "Wow" entlocken. Diese Reaktion heben wir uns stattdessen für die beeindruckende Server-Infrastruktur des Anbieters auf: In dieser Hinsicht zwingt HideMyAss die Konkurrenz in die Knie. Mit mehr als 1080 VPN-Servern an mehr als 290 Standorten in über 210 Ländern ist der Service weit entfernt von den Flickenteppichen, die andere VPNs als "weitreichende" Servernetzt verkaufen. HMA ist fast in jedem Winkel der Welt vertreten, auch wenn es sich bei einem Teil der Standorte um "virtuelle" Server handelt. Jene sind allerdings als solche gekennzeichnet.
HideMyAss verspricht das "größte VPN-Netzwerk der Welt" – und hat Recht
Auch Regionen, die traditionell im VPN-Markt stiefmütterlich behandelt werden, wie Mittel- und Südamerika, Afrika oder Asien, sind bei HMA gut repräsentiert.
Wertet man die reine Server-Zahl, ist HMA einigen Top-Anbietern unterlegen, doch die hohe Standort-Dichte und die einzigartige Abdeckung des gesamten Planeten macht diese Schwäche mehr als wett.
Performance
Wir testen die Performance der VPNs von einem Server in Frankfurt mit 1 Gbit/s-Anbindung aus. Dabei verbinden wir uns mehrmals täglich mit einem zufällig ausgewählten HMA-Server in Deutschland und den USA, um ein repräsentatives Bild der Geschwindigkeiten zu zeichnen. Mehr Informationen zur Methodik finden Sie in unserem VPN Speedtest.
Die folgende Tabelle zeigt, absteigend nach Download + Upload-Geschwindigkeiten sortiert, die Ergebnisse der letzten 365 Tage zum Zeitpunkt des Tests:
HideMyAss erreicht in unserem Speedtest mit einem Download von 167,7 Mbit/s und einem Upload von 16,1 Mbit/s einen hervorragenden 5. Platz in unserem Speed-Ranking, verpasst einen Platz auf dem Siegertreppchen damit also nur knapp.
Das folgende Diagramm zeigt die durchschnittliche Geschwindigkeit von HideMyAss in den vergangenen Monaten:
Die exzellente Leistung im Speedtest können wir aus Nutzersicht nur bestätigen: Wir erlebten stabile Geschwindigkeiten und zuverlässige Verbindungen, zu Abbrüchen oder einer höheren Captcha-Anzahl beim Surfen kam es dabei nicht.
Gemischt waren unsere Ergebnisse im Streaming-Test: Obwohl HMA dedizierte Streaming-Server zur Verfügung stellt, ließen uns die digitalen Türsteher von Netflix und Amazon Prime Video nicht durch, auf ausländische Inhalte bei Disney+ und mit dem BBC iPlayer konnten wir hingegen zugreifen.
Für einen Trip nach China ist HMA keine sichere Option, denn eine Verbindung aus China war in unserem Test nicht möglich. Dafür sollten Sie lieber zu in dieser Hinsicht zuverlässigeren Anbietern wie NordVPN, ExpressVPN oder Windscribe greifen.
Sicherheit und Privatsphäre
Die meisten VPN-Anbieter rühmen sich mit dem Versprechen, keine Logs ihrer Benutzer aufzuzeichnen. Oft muss man sich dabei auf das Wort der Firmen verlassen, und das Vertrauen in VPN-Dienste wird regelmäßig von Skandalen auf die Probe gestellt. In der Vergangenheit konnte HideMyAss das "Keine Logs"-Versprechen gar nicht brechen, weil es erst gar nicht gemacht wurde.
Das hat sich mittlerweile geändert: Stand 2021 verspricht HMA, ein "geprüftes VPN ohne Protokollierung" zu sein. Dieses Versprechen wurde 2020 von einem unabhängigen Audit von VerSprite bestätigt.
Etwas nachteilig ist, dass HMA seinen Sitz im Vereinigten Königreich hat, das immer wieder mit menschenrechtswidrigen Überwachungspraktiken auffällt, und als Teil des sogenannten 5-Augen-Abkommens mit anderen, massenüberwachenden Regierungen kooperiert. Schlimmstenfalls könnte HMA also gespeicherte Daten, die Aufschluss über Ihre Person und Ihr Verhalten im Netz geben, an Gerichte im Vereinigten Königreich weitergeben, die sie wiederum mit anderen, aggressiven Regierungen teilen. Weil heute keine Logs mehr gespeichert werden, fällt dies jedoch weniger ins Gewicht.
Bei der Sicherheit fanden wir keine Schwachstellen: VPN Leaks (IPv6, DNS oder WebRTC) gab es in unseren Tests nicht. Verschlüsselt wird mit AES 256-bit, dem Industrie-Standard, bei den VPN-Protokollen setzt HMA auf OpenVPN. WireGuard, das heute als modernstes Protokoll gilt, wird leider noch nicht unterstützt.
HMA bestand alle EXPERTE.de Leak Tests
Einige Features wie die IP-Zufallsauswahl oder der gesonderte App-Kill Switch sind natürlich ebenfalls der Sicherheit dienlich.
Obwohl Puristen aufgrund der vergangenen Protokollierung skeptisch bleiben werden, konnte HMA aus unserer Sicht mit seinen neuen "No Logs"-Richtlinien, die durch einen unabhängigen Audit bestätigt wurden, die größten Bedenken ausräumen und erlaubt sich in Sachen Sicherheit und Privatsphäre keine groben Schnitzer.
Kundensupport
Weil es bei VPN-Schwierigkeiten oft schnell gehen muss, wünschen wir uns von jedem Anbieter eine Live-Chat-Option im Support – am besten 24 Stunden am Tag. Rund um die Uhr wird einem bei HMA noch nicht geholfen, aber von 10 bis 20 Uhr kann man sich auf das Support-Team im Live-Chat verlassen.
Dort gebe es laut Auskunft auch deutschsprachige Helfer, doch die Standard-Sprache im Support ist Englisch (mit eingebundener Google Translate-Option). Für weniger dringliche Probleme gibt es natürlich auch ein Kontaktformular.
Im Live-Chat von HMA erreichten wir meist in unter einer Minute jemanden
Wenn Sie Ihre Probleme lieber selbst lösen, finden Sie im Support-Bereich auch Anleitungen und FAQs, sowie ein Forum. Die Lokalisierung der Texte ist aber noch etwas lückenhaft.
Insgesamt fühlten wir uns vor allem durch den tollen Live-Chat gut unterstützt und konnten auf alle unsere Fragen in Minutenschnelle eine Antwort finden.
Preisgestaltung
Der Preis von HMA hängt von zwei Faktoren ab: Wie lange Sie das Abonnement abschließen (1, 12 oder 24 Monate), und wie viele Geräte Sie gleichzeitig verwenden möchten (5 oder 10). Insgesamt zählt HMA nicht zu den günstigsten VPNs, wobei Sie gerade mit den 24-Monats-Tarifen signifikant sparen können.
Der Tabelle entnehmen Sie die aktuellen Preise:
24 Monate | 12 Monate | 1 Monat | |
---|---|---|---|
Monatlicher Effektivpreis | 3,99 € | 4,39 € | 10,99 € |
Vertragslaufzeit (Monate) | 24 | 12 | 1 |
Limits | |||
Datenvolumen | unbegrenzt | unbegrenzt | unbegrenzt |
Anzahl Geräte | 5 | 5 | 5 |
Funktionen | |||
Anzahl Server | 1.100 | 1.100 | 1.100 |
Anzahl Länder | 210 | 210 | 210 |
Keine Serverlogs | ✓ | ✗ | ✗ |
P2P erlaubt | ✓ | ✓ | ✓ |
Tor Zugang | ✓ | ✓ | ✓ |
Kill Switch | ✓ | ✓ | ✓ |
Protokolle | OpenVPN | OpenVPN | OpenVPN |
Bezahlen können Sie Ihr HMA-Abo mit Kreditkarten und PayPal. Eine Abwicklung mit BitCoin ist nicht möglich.
Es gibt eine 7-tägige Testversion, für die Sie allerdings Ihre Kontodaten vorab angeben müssen. Zudem bietet HMA eine 30-tägige Geld-Zurück-Garantie.
Fazit
HideMyAss beeindruckt vor allem bei der Quantität: Die Server-Infrastruktur sucht ihresgleichen und die globale Abdeckung zeigt, dass die klaffende Leere, die man von anderen VPNs in gewissen Regionen gewohnt ist, keine Selbstverständlichkeit ist. Auch mit Features wie dem automatischen IP-Wechsel geht HMA mit gutem Beispiel voran.
Doch auch die Qualität stimmt, denn HMA zählt zu den schnellsten VPNs in unserem Speedtest. Während die exzellente Performance früher etwas im Schatten der eklatanten Patzer stand, die sich das Unternehmen im Datenschutz erlaubte, konnte der Anbieter mit der neuen Abkehr von der Protokollierung und einem unabhängigen Audit alte Zweifel ausräumen.
Die App selbst wirkt im Vergleich zu den eleganten VPN-Clients anderer Anbieter etwas verstaubt und manche Features, beispielsweise Split Tunneling in der Desktop-Version, fehlen uns. Nicht zuverlässig ist HMA zudem als VPN für eine China-Reise und beim Video-Streaming, und auch preislich gibt es einige attraktivere Dienste.
Kundenbewertungen
HMA erhält befriedigende bis gute Bewertungen auf den von uns erfassten Review-Kanälen. Besonders oft wird der Preis kritisiert, wobei die meisten Nutzer mit der Performance sehr zufrieden sind.
Alternativen
Sie suchen nach einem VPN-Anbieter mit einer etwas zeitgemäßeren Anwendung? Besonders überzeugen konnte uns beispielsweise der VPN-Client von ProtonVPN, wobei das Server-Netzwerk des Anbieters nicht HideMyAss mithalten kann. Dafür bietet ProtonVPN einen kostenlosen Tarif ohne Daten-Beschränkung.